Obwohl es natürlich mehr Spass macht über Positionen zu schreiben, bei denen man sattlich im Plus steht, geb ich ein kleines Update zu Stallergenes.
Kurz vor Weihnachten hatte ich die Gelegenheit mit Peter Bühler, CFO von Stallergenes (auf "Schwiizerdütsch") über die Lage der Gruppe zu sprechen. Er meinte damals, dass die Probleme mit der IT Infrastruktur (SAP Hana) identifiziert und grösstenteils gelöst seien und verschiedenste Test-Szenarien durchgespielt werden, um die Robustheit des Systems zu prüfen. Er meinte, dass der französische Regulator (ANSM) die Prozesse abnehmen müsste, bevor die Produktion in Antony wieder anlaufen kann. Er meinte auch, dass es wohl eher Wochen als Monate dauern sollte, bis die Produktion wieder aufgenommen werden kann.
Er bestätigte auch die Nettofinanzposition von ca. €200m zu H1 2015, fügte aber an, dass sie natürlich lieber das Geld für Wachstumsprojekte oder M&A ausgegeben hätten, als es während des Produktionsstopps zu verbraten. Genauere angeben zu den Einbussen/Verlusten in H1 machte er keine, doch klang er nicht sehr zuversichtlich, da neben dem Produktionsausfall auch der Rückruf massiv Geld kostet und bereits im H1 verbuchte Umsätze zu einem Teil rückgängig gemacht werden müssen. Auch konnte er keine Angaben über mögliche Regress-Forderungen gegenüber der IT Unternehmung machen, welche mit der Einführung von SAP Hana beauftragt worden war (anscheinend KPMG).
Aufgrund der Aussagen von Bühler werden 2015 und 2016 wohl sehr schlecht aussehen und neben den temporären finanziellen Verlusten ist auch nicht klar wie viel Marktanteile an Hauptkonkurrent ALK-Abello verloren gegangen sind. Der Konkurrent hat sich zumindest dahingehend geäussert, dass Aufgrund des Stallergenes Ausfalls die Geschäfte rund laufen und die Aktie hat über die letzten 12 Monate auch ca. 23% zugelegt. Ausserdem wurde süffisant bemerkt, dass ALK die gesamte Produktion 2011 auf SAP umgestellt hat und keinerlei Probleme aufgetreten seien.
Wie sieht die Lage nun Mitte Februar für Stallergenes aus?
Die Unternehmung hat tatsächlich am 1. Februar die teilweise und schrittweise Wiederaufnahme der Produktion in Antony bekannt gegeben. Meinem Verständnis nach wurde aber bisher nur die Produktion von nicht personalisierten Produkten von ANSM freigegeben und personalisierte Therapien sind weiterhin on hold. Gleichzeitig wurde bekannt gemacht, dass ein ehemaliger Novartis Manager als "Head Technical Operations" eingestellt wurde.
Nach anfänglichen Kursgewinnen ist die Aktie zurück aufs 52-Wochen Tief gefallen. Es ist natürlich nicht hilfreich, dass die Märkte und v.a. auch der Biotech Sektor seit anfangs Jahr massiv eingebüsst haben. Warum sollte man in einem volatilen Umfeld gerade eine Aktie mit hohen spezifischen Risiken halten.
Ich denke nun, dass mit den Jahreszahlen erste Aussagen über die finanziellen Konsequenzen des Rückrufs gemacht werden können. Es ist zu hoffen, das bis dahin sämtliche Produkte wieder produziert werden können und somit ein Unischerheitsfaktor wegfallen würde. Ich wäre aber nicht überrascht, wenn der Termin für die Jahresergebnisse vom 3. März verschoben werden müsste aufgrund möglcherweise schwer abzuschätzenden finanziellen Folgen (Rückruf, Kompensationen, Regress-Forderungen, ...).
Ich werde meine Position halten, da ich z.Z. weiterhin davon ausgehe, dass das Problem bis 2017 behoben sein sollte und Stallergenes dann wieder ihre führende Stellung im Allergie Bereich auf- und ausbauen kann. Zudem sollte das Liquiditätspolster gross genug sein, um die entstandenen finanziellen Schäden ohne Liquidiäts- und Solvenzprobleme zu überstehen.
Stallergenes hat mir aber wieder deutlich gezeigt, warum es wichtig ist ein diversifiziertes Portfolio zu halten. Gewisse Ereignisse (Produktionausfall, Rückruf, Patentverletzungen, Tod von Führungspersonen, Naturkatastrophen, usw.) können etablierte und solide Unternehmen treffen ohne, dass man als Investor die Chance hätte diese im Voraus zu erahnen. Ein zu konzentriertes Portfolio oder gar noch volles Exposure via (kurzlaufende) derivative Instrumente kann da tödlich sein.
CU Nostradamus