von Aconcagua » Fr Nov 24, 2017 9:40 am
aus der heutigen NZZ:
Orascom emanzipiert sich vom Übervater
Der Manager Khaled Bichara führt die Tourismusfirma anders als der Gründer Samih Sawiris. Damit erzielt er bei der krisengeplagten Gesellschaft erste Erfolge.
Der ägyptische Firmengründer Samih Sawiris besitzt eine Eigenschaft, die nicht jedem Geschäftsmann eigen ist: Er weiss, was er nicht kann. Gerne initiiert er langfristig ausgerichtete Projekte, die Knochenarbeit des Tagesgeschäfts liegt ihm aber gar nicht. Daher hat er sich vor zwei Jahren beim Tourismus- und Immobilienunternehmen Orascom Development Holding (ODH) auf den Präsidentenposten zurückgezogen. Sawiris hat nun mehr Zeit, um Klavierspielen zu lernen, während der international erfahrene Manager Khaled Bichara bei ODH für die wirtschaftliche Wende zuständig ist. Der ägyptische CEO hat sich seine Sporen im Umfeld der Familie Sawiris abverdient. Unter anderem hatte er das Telekomunternehmen Orascom Telecom Holding geführt, das von Naguib Sawiris, dem älteren Bruder von Samih Sawiris, gegründet worden war.
Viel Substanz, wenig Ertrag
In den vergangenen Jahren ist ODH, deren Aktien an der Schweizer Börse kotiert sind, von einer Krise zur nächsten getaumelt. 2008 war der Titel für 152 Fr. emittiert worden, vor 12 Monaten erreichte er mit Fr. 4.40 den Tiefstand. Besonders hart getroffen wurde ODH vom Zusammenbruch des ägyptischen Tourismus. Trotz der Expansion in Länder wie Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate befinden sich immer noch 80% der von der Firma angebotenen Hotelbetten im Land am Nil.
ODH ist zwar ein Unternehmen mit viel Substanz, denn es besitzt 35 Hotels, unzählige weitere Immobilien und 100 Mio. m2 Land, die zum grossen Teil nicht bebaut sind. Unter dem Strich haben diese Aktiven aber jahrelang nichts abgeworfen. Einen positiven Cashflow hat die Firma zum letzten Mal 2011 erzielt.
Wenn nicht alle Zeichen trügen, befindet sich ODH mittlerweile aber in einem zaghaften Aufschwung, der sich auch in einem Kursanstieg der Aktie auf 11 Fr. spiegelt. «Langsam kommt die Maschine in Gang», sagt Bichara. Die Kennzahlen haben sich jedenfalls markant verbessert. Die Immobilienverkäufe haben angezogen, ebenso die Übernachtungszahlen in den Hotels. Der Verlust ist in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres im Vergleich zu 2016 auf weniger als die Hälfte gefallen. Und für das kommende Jahr stellt Bichara einen positiven Cashflow in Aussicht. Nächstes Jahr wird in Andermatt das zweite Hotel nach dem «Chedi» in Betrieb gehen, und in der Lustica Bay in Montenegro steht die Eröffnung eines Hotels, einer Driving Range und eines Jachthafens an. Unter dem kleinen Land auf dem Balkan können sich wahrscheinlich nur wenige Schweizer etwas vorstellen. Touristen von der Arabischen Halbinsel verbringen dort aber gerne den Sommer. Von Dubai nach Tivat gibt es täglich eine Flugverbindung.
Die im Unterschied zu früher straffere Führung würde sich damit endlich auszahlen. Bichara hat viel Energie aufgewendet, um die Einnahmen der Gesellschaft zu steigern. Dafür hat er bei der Firma auch eine neue Struktur geschaffen. Anders als früher ist ODH nicht mehr nach drei Sparten (Hotels, Immobilien, Land) organisiert, sondern nach den Destinationen. Die Resorts in Ägypten, Oman, Montenegro oder Andermatt haben je einen Chef bekommen, der für ihre Weiterentwicklung zuständig ist. «Diese Manager müssen dafür sorgen, dass die Gäste in den Resorts etwas erleben», sagt Bichara.
Profitiert hat ODH auch davon, dass der Tourismus in Ägypten wieder in Gang gekommen ist. Als der Fremdenverkehr des Landes zu Beginn des Jahrzehnts in voller Blüte stand, besuchten es 15 Mio. Ausländer. 2016 waren es weniger als 5 Mio.; in diesem Jahr soll ihre Zahl laut den Schätzungen der Regierung wieder auf mindestens 7 Mio. steigen. Bichara will diese Wende nutzen, um die stark gesunkenen Hotelpreise zu erhöhen. Im ägyptischen Resort von El Gouna zum Beispiel erzielte ODH bloss noch einen durchschnittlichen Übernachtungspreis (Revpar) von 50 Fr., während man in den Emiraten mehr als das Dreifache erwirtschaftete. Die Geschäfte in Ägypten seien aber gleichwohl wieder profitabel, sagt Bichara.
Ständige politische Risiken
Trotz solchen Fortschritten ist ODH aber weiterhin ein Unternehmen, das vornehmlich in Schwellenländern tätig ist. Dort boomt zwar der Tourismus, gross sind aber auch die politischen und wirtschaftlichen Unwägbarkeiten. So besteht das ständige Risiko, dass Putsche, Anschläge oder zwischenstaatliche Konflikte Bichara einen Strich durch die Rechnung machen. Wie fragil die Lage ist, zeigte sich diesen Sommer, als ODH in Oman einen Rückschlag verkraften musste. Die Anzahl Gäste war überraschenderweise plötzlich rückläufig. Ein Grund war das ungünstige Wetter. Darüber hinaus belastete aber auch der Konflikt zwischen Saudiarabien und Katar das Geschäft.
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