Cosmo startet durch Die Erholung einer verschmähten Braut

Der gescheiterte Reverse Take-over durch eine amerikanische Gesellschaft hat Cosmo Pharmaceuticals nicht gelähmt – im Gegenteil. Das Unternehmen hat die zuvor definierte Wachstumsstrategie wieder aus der Schublade geholt und ausgebaut.
Worum geht es: Mitte 2014 hat die Biotechfirma Cosmo Pharmaceuticals bekanntgegeben, eine komplexe Transaktion mit dem US-Spezialitäten-Pharmakonzern Salix ausführen zu wollen. Die Amerikaner hätten im Rahmen dieses Deals, der vor allem der Steuervermeidung gedient hätte, den Sitz nach Irland verlegt und die US-Rechte an drei Cosmo-Produkten erhalten, von denen aber erst eines im Verkauf ist. Cosmo wäre im Gegenzug in den Besitz von 20% an Salix gelangt und hätte eine steuerfreie Vergütung von 1,7 Mrd. € bekommen.
Im Oktober 2014 platzte der Deal. Angeblich hatten US-Grossinvestoren auf eine Fusion von Salix mit der kanadischen Valeant gedrängt. Ausserdem äusserte die amerikanische Regierung vermehrt Vorbehalte gegen die sogenannten Inversion-Deals. Der Aktienkurs von Salix brach darauf um rund 60% ein, jener von Cosmo fiel nach einem Höchst von fast 190 Fr. im Juli des vergangenen Jahres auf 143 Fr. im Oktober und auf unter 130 Fr. Mitte Januar. Mittlerweile haben sich die Valoren dem Höchststand wieder angenähert. Die Anleger schenken dem Alleingang des Konzerns aus Lainate bei Mailand offenbar ihr Vertrauen.
► Anvisierte Ziele: Cosmo hat im Gegensatz zu anderen Biotech-Gesellschaften seit der Gründung eine risikoarme Strategie gewählt und stets auf eine Mischung aus Entgelt für Produktion, Lizenzeinnahmen und Beteiligungen gesetzt. Für das 2007 lancierte Darmkrebs-Medikament Lialda, das an die Pharmafirma Shire lizenziert wurde, erhielt Cosmo eine eher niedrige Gewinnbeteiligung. Dafür gewann die Firma finanzielle Sicherheit, um das Nachfolgemittel Uceris zu entwickeln. Die 2013 lancierte Anwendung wurde zu besseren Bedingungen an die US-Gesellschaft Santarus lizenziert. Cosmo hat sich dabei stets ausbedungen, die Produktion dieser Medikamente im eigenen Unternehmen zu behalten.
Die von den Amerikanern aus Steuergründen angestrebte Transaktion hätte Cosmo erlaubt, eine integrierte Pharmagesellschaft zu werden. Potenzielle Käufer im Pharmabereich sind meist auf der Suche nach Firmen, die Cashflow generieren, oder nach einem Aussendienst, der Synergiepotenzial bietet. Letzteres kann Cosmo nicht offerieren, Ersteres vorerst nur in bescheidenem Umfang. Als Entschädigung für den Salix-Rückzug erhielt die Firma 25 Mio. $. Das Unternehmen macht sich nun daran, selbst ein US-Managementteam zu rekrutieren und eine Distributionsorganisation für Nordamerika aufzubauen. Vor der Ankündigung des Salix-Transaktion war sich Cosmo bereits mit einem Managementteam diesbezüglich einig geworden, beendete diese Kooperation jedoch wieder.
Wäre das Geschäft mit Salix zustande gekommen, hätte das neue Unternehmen den Firmensitz nach Irland verlegt. Der grünen Insel dreht Cosmo den Rücken jetzt aber trotzdem nicht zu. In Dublin wird eine zusätzliche Produktionsanlage aufgebaut, die entsprechende Lokalität ist bereits gefunden. Die Verlagerung der Herstellung ist vor allem auf Verlangen der Lizenzpartner geschehen, die auf Versorgungssicherheit setzen. Das neue Werk werde nicht für die Herstellung weniger Produkte konzipiert, sondern eine Kopie von Lainate darstellen und die gesamte Angebotspalette produzieren, hält Cosmo fest. Es seien mehrere Standorte geprüft worden, die Schweiz jedoch nicht, da sie auf der «schwarzen Liste» der EU stehe.
► Zugrundeliegende Annahmen: Cosmo sei nicht das typische kleine Biotech-Unternehmen, das eine Anwendung von Grund auf erforscht und entwickelt und mithilfe von Partnern und Lizenznehmern zur Marktreife bringt, sagt Bob Pooler vom Research-Unternehmen Valuationlab. Die Gesellschaft konzentriert sich vielmehr auf eine Plattformtechnologie, wobei man sich auf neue Einsatzgebiete von bestehenden Anwendungen fokussiert. Wegen des überschaubaren Risikos sind solche Firmen bei den Anlegern beliebt. Das Geschäftsmodell von Cosmo stützt sich auf die MMX-Technologie. Dank dieser Trägerpille können Wirkstoffe für die Behandlung im Darm effizient eingesetzt werden. Für zwei Medikamente, das Kontrastmittel MMX Methylen Blau für Darmspiegelungen sowie MMX Rifamycin gegen Reisedurchfall, werden im laufenden Jahr abschliessende Resultate erwartet.
Viel Potenzial verspricht sich CEO Alessandro Della Chà von einer ergänzenden Medtech-Anwendung. Dank der Flüssigkeit SIC 8000 können auch kleine Polypen, die als Vorstufe von Darmkrebs gelten und in der Spiegelung erkannt wurden, operativ einfacher entfernt werden, ohne dass sich das Risiko einer Darmperforation erhöht. Die Marktzulassung in den USA und Europa für SIC 8000 erwartet Della Chà noch 2015. In einer frühen Entwicklungsphase befinden sich dermatologische Anwendungen gegen Akne und Haarausfall.
► Mögliche Alternativen: Cosmo erwägt sowohl für die US-Vertriebseinheit als auch für die dermatologischen Anwendungen separate Börsengänge. Für die US-Tochter ist eine Nasdaq-Kotierung geplant, der Bereich Dermatologie soll wie die Titel der Muttergesellschaft an der Schweizer Börse gehandelt werden. Das Unternehmen zähle auf viele namhafte Investoren in der Schweiz, so begründet Finanzchef Chris Tanner die Pläne. Eine Kotierung an der Nasdaq ist deshalb für den Dermatologie-Bereich kein Thema, auch wenn dort wahrscheinlich eine höhere Bewertung zu erzielen wäre. Das Management von Cosmo hat früher öfters angedeutet, dass man einem Verkauf nicht abgeneigt wäre, die Angebote bisher (mit Ausnahme von Salix) aber nicht attraktiv genug gewesen seien. Bevor weitere Offerten geprüft werden, will das Management Erfolge in den USA vorweisen. Das Angebot von Salix über 1,7 Mrd. $ für drei US-Lizenzen zeigt, in welchen Grössenordnungen die Firma, die einen Börsenwert von 2,5 Mrd. Fr. aufweist, rechnen darf. Für die Produkte Methylen Blau und SIC 8000 werden von Cosmo in der Spitze Jahresumsätze von 0,5 bis 1 Mrd. € beziehungsweise mehrere hundert Mio. € prognostiziert.
► Warnschilder: Im Kurs der Aktie ist bereits eine rosige Zukunft eingepreist. Auch wenn es sich bei den wichtigsten Produkten des Unternehmens (nur) um Verabreichungsformen und nicht um neue Medikamente handelt, besteht trotzdem das Risiko, dass es in der Zulassung zu Verzögerungen oder zur Ablehnung kommt. Der Biotech-Sektor befindet sich momentan in einem Hoch, und falls die Stimmung an den Börsen kippen würde, kämen nicht nur die Aktienkurse unter Druck, auch das Geld für Lizenzvereinbarungen und Übernahmen würde von Grosskonzernen nicht mehr gleich locker ausgegeben.
Cosmo plant zudem den Hauptsitz nach Luxemburg zu verlegen. Dabei besteht die Gefahr, dass die italienischen Behörden der Firma Steine legen, um den Umzug zu verhindern. Die Frankenstärke ist für das in der Schweiz kotierte Unternehmen dagegen kein Thema, da keine Kosten in Franken anfallen. Grund für Verwerfungen können sich indes wegen des Kursverhältnisses Euro - Dollar ergeben. 9% der Kosten fallen in Dollars an, der Rest in Euro. Bei den Einnahmen liegt das Verhältnis der beiden Währungen bei 50% zu 50%.
Quelle; http://www.nzz.ch/wirtschaft/die-erholu ... 1.18500362
Worum geht es: Mitte 2014 hat die Biotechfirma Cosmo Pharmaceuticals bekanntgegeben, eine komplexe Transaktion mit dem US-Spezialitäten-Pharmakonzern Salix ausführen zu wollen. Die Amerikaner hätten im Rahmen dieses Deals, der vor allem der Steuervermeidung gedient hätte, den Sitz nach Irland verlegt und die US-Rechte an drei Cosmo-Produkten erhalten, von denen aber erst eines im Verkauf ist. Cosmo wäre im Gegenzug in den Besitz von 20% an Salix gelangt und hätte eine steuerfreie Vergütung von 1,7 Mrd. € bekommen.
Im Oktober 2014 platzte der Deal. Angeblich hatten US-Grossinvestoren auf eine Fusion von Salix mit der kanadischen Valeant gedrängt. Ausserdem äusserte die amerikanische Regierung vermehrt Vorbehalte gegen die sogenannten Inversion-Deals. Der Aktienkurs von Salix brach darauf um rund 60% ein, jener von Cosmo fiel nach einem Höchst von fast 190 Fr. im Juli des vergangenen Jahres auf 143 Fr. im Oktober und auf unter 130 Fr. Mitte Januar. Mittlerweile haben sich die Valoren dem Höchststand wieder angenähert. Die Anleger schenken dem Alleingang des Konzerns aus Lainate bei Mailand offenbar ihr Vertrauen.
► Anvisierte Ziele: Cosmo hat im Gegensatz zu anderen Biotech-Gesellschaften seit der Gründung eine risikoarme Strategie gewählt und stets auf eine Mischung aus Entgelt für Produktion, Lizenzeinnahmen und Beteiligungen gesetzt. Für das 2007 lancierte Darmkrebs-Medikament Lialda, das an die Pharmafirma Shire lizenziert wurde, erhielt Cosmo eine eher niedrige Gewinnbeteiligung. Dafür gewann die Firma finanzielle Sicherheit, um das Nachfolgemittel Uceris zu entwickeln. Die 2013 lancierte Anwendung wurde zu besseren Bedingungen an die US-Gesellschaft Santarus lizenziert. Cosmo hat sich dabei stets ausbedungen, die Produktion dieser Medikamente im eigenen Unternehmen zu behalten.
Die von den Amerikanern aus Steuergründen angestrebte Transaktion hätte Cosmo erlaubt, eine integrierte Pharmagesellschaft zu werden. Potenzielle Käufer im Pharmabereich sind meist auf der Suche nach Firmen, die Cashflow generieren, oder nach einem Aussendienst, der Synergiepotenzial bietet. Letzteres kann Cosmo nicht offerieren, Ersteres vorerst nur in bescheidenem Umfang. Als Entschädigung für den Salix-Rückzug erhielt die Firma 25 Mio. $. Das Unternehmen macht sich nun daran, selbst ein US-Managementteam zu rekrutieren und eine Distributionsorganisation für Nordamerika aufzubauen. Vor der Ankündigung des Salix-Transaktion war sich Cosmo bereits mit einem Managementteam diesbezüglich einig geworden, beendete diese Kooperation jedoch wieder.
Wäre das Geschäft mit Salix zustande gekommen, hätte das neue Unternehmen den Firmensitz nach Irland verlegt. Der grünen Insel dreht Cosmo den Rücken jetzt aber trotzdem nicht zu. In Dublin wird eine zusätzliche Produktionsanlage aufgebaut, die entsprechende Lokalität ist bereits gefunden. Die Verlagerung der Herstellung ist vor allem auf Verlangen der Lizenzpartner geschehen, die auf Versorgungssicherheit setzen. Das neue Werk werde nicht für die Herstellung weniger Produkte konzipiert, sondern eine Kopie von Lainate darstellen und die gesamte Angebotspalette produzieren, hält Cosmo fest. Es seien mehrere Standorte geprüft worden, die Schweiz jedoch nicht, da sie auf der «schwarzen Liste» der EU stehe.
► Zugrundeliegende Annahmen: Cosmo sei nicht das typische kleine Biotech-Unternehmen, das eine Anwendung von Grund auf erforscht und entwickelt und mithilfe von Partnern und Lizenznehmern zur Marktreife bringt, sagt Bob Pooler vom Research-Unternehmen Valuationlab. Die Gesellschaft konzentriert sich vielmehr auf eine Plattformtechnologie, wobei man sich auf neue Einsatzgebiete von bestehenden Anwendungen fokussiert. Wegen des überschaubaren Risikos sind solche Firmen bei den Anlegern beliebt. Das Geschäftsmodell von Cosmo stützt sich auf die MMX-Technologie. Dank dieser Trägerpille können Wirkstoffe für die Behandlung im Darm effizient eingesetzt werden. Für zwei Medikamente, das Kontrastmittel MMX Methylen Blau für Darmspiegelungen sowie MMX Rifamycin gegen Reisedurchfall, werden im laufenden Jahr abschliessende Resultate erwartet.
Viel Potenzial verspricht sich CEO Alessandro Della Chà von einer ergänzenden Medtech-Anwendung. Dank der Flüssigkeit SIC 8000 können auch kleine Polypen, die als Vorstufe von Darmkrebs gelten und in der Spiegelung erkannt wurden, operativ einfacher entfernt werden, ohne dass sich das Risiko einer Darmperforation erhöht. Die Marktzulassung in den USA und Europa für SIC 8000 erwartet Della Chà noch 2015. In einer frühen Entwicklungsphase befinden sich dermatologische Anwendungen gegen Akne und Haarausfall.
► Mögliche Alternativen: Cosmo erwägt sowohl für die US-Vertriebseinheit als auch für die dermatologischen Anwendungen separate Börsengänge. Für die US-Tochter ist eine Nasdaq-Kotierung geplant, der Bereich Dermatologie soll wie die Titel der Muttergesellschaft an der Schweizer Börse gehandelt werden. Das Unternehmen zähle auf viele namhafte Investoren in der Schweiz, so begründet Finanzchef Chris Tanner die Pläne. Eine Kotierung an der Nasdaq ist deshalb für den Dermatologie-Bereich kein Thema, auch wenn dort wahrscheinlich eine höhere Bewertung zu erzielen wäre. Das Management von Cosmo hat früher öfters angedeutet, dass man einem Verkauf nicht abgeneigt wäre, die Angebote bisher (mit Ausnahme von Salix) aber nicht attraktiv genug gewesen seien. Bevor weitere Offerten geprüft werden, will das Management Erfolge in den USA vorweisen. Das Angebot von Salix über 1,7 Mrd. $ für drei US-Lizenzen zeigt, in welchen Grössenordnungen die Firma, die einen Börsenwert von 2,5 Mrd. Fr. aufweist, rechnen darf. Für die Produkte Methylen Blau und SIC 8000 werden von Cosmo in der Spitze Jahresumsätze von 0,5 bis 1 Mrd. € beziehungsweise mehrere hundert Mio. € prognostiziert.
► Warnschilder: Im Kurs der Aktie ist bereits eine rosige Zukunft eingepreist. Auch wenn es sich bei den wichtigsten Produkten des Unternehmens (nur) um Verabreichungsformen und nicht um neue Medikamente handelt, besteht trotzdem das Risiko, dass es in der Zulassung zu Verzögerungen oder zur Ablehnung kommt. Der Biotech-Sektor befindet sich momentan in einem Hoch, und falls die Stimmung an den Börsen kippen würde, kämen nicht nur die Aktienkurse unter Druck, auch das Geld für Lizenzvereinbarungen und Übernahmen würde von Grosskonzernen nicht mehr gleich locker ausgegeben.
Cosmo plant zudem den Hauptsitz nach Luxemburg zu verlegen. Dabei besteht die Gefahr, dass die italienischen Behörden der Firma Steine legen, um den Umzug zu verhindern. Die Frankenstärke ist für das in der Schweiz kotierte Unternehmen dagegen kein Thema, da keine Kosten in Franken anfallen. Grund für Verwerfungen können sich indes wegen des Kursverhältnisses Euro - Dollar ergeben. 9% der Kosten fallen in Dollars an, der Rest in Euro. Bei den Einnahmen liegt das Verhältnis der beiden Währungen bei 50% zu 50%.
Quelle; http://www.nzz.ch/wirtschaft/die-erholu ... 1.18500362